Feiertage


Feiertage

1. Einleitung

Die Partei der Humanisten steht für einen laizistischen Staat mit einer strikten Trennung von Staat und religiös-weltanschaulichen Organisationen. Der Staat hat sich im Sinne der in GG Art. 4 garantierten Religionsfreiheit gegenüber allen religiös-weltanschaulichen Organisationen neutral zu verhalten; eine religiöse Begründung von gesetzlichen Feiertagen steht dem Staat nicht zu.

Aus Respekt vor der heutigen Vielfalt der Glaubensrichtungen (BR, 2017), aber auch vor dem hohen Anteil religionsfreier und nichtgläubiger Menschen von über 40% (Großbölting/ Goldbeck, 2016; Statista, 2018), treten wir für eine Neuordnung der staatlichen Feiertage mit mehr individuellen Freiräumen ein.

2. Die derzeitige Situation

Momentan gibt es neun bundeseinheitliche Feiertage – die auf einen per Gesetz ohnehin arbeitsfreien Sonntag fallenden Feiertage werden hier nicht betrachtet. Von diesen neun bundeseinheitlichen Feiertagen haben sechs einen religiösen Ursprung (Wikipedia, o.J. 1): Karfreitag (als höchster Feiertag der protestantischen Liturgie), Ostermontag (Ostern als höchster Feiertag der katholischen Liturgie), Christi Himmelfahrt (heute besser bekannt als Vatertag oder Herrentag), Pfingstmontag sowie erster und zweiter Weihnachtstag.

Nur zwei dieser Feiertage dienen dem staatlichen Gedenken: Tag der Deutschen Einheit (Nationalfeiertag) und Maifeiertag (Arbeiterbewegung). Der Neujahrstag kann sowohl säkular als auch religiös (Beschneidung Jesu) gedeutet werden (Jakob, 2017).

Darüber hinaus gibt es insgesamt sechs religiös begründete Feiertage, die nur in einem oder mehreren Bundesländern gelten. Dies sind Dreikönigstag, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Reformationstag, Allerheiligen, Buß- und Bettag. Die Stadt Augsburg feiert zusätzlich das Friedensfest als offiziellen Feiertag (Erinnerung an das Ende des Dreißigjährigen Konfessionskrieges 1648).

Die Gesamtzahl der gesetzlichen Feiertage ist mit einer Spanne zwischen 9 und 14 Tagen in Deutschland sehr ungleich verteilt.

3. Unser Diskussionsvorschlag

  1. Eine bundesweit einheitliche Anzahl von insgesamt 14 Feiertagen im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse, z.B. über ein Feiertagsrahmengesetz. Die Festschreibung des Kerns der drei bestehenden staatlichen Gedenktage:
    • Neujahrstag – 01.01.
    • Tag der Arbeit – 01.05.
    • Tag der Deutschen Einheit – 03.10.
  2. Eine Ausweitung der staatlichen Gedenktage um drei weitere Tage zu den Themen Geschichte, Europa, Wissenschaft und Aufklärung:
    • Europatag – 09. Mai
    • Tag der Wissenschaft und Aufklärung – 21. Juni
    • Tag der deutschen Geschichte – 09. November
  3. Die Festschreibung traditioneller Brauchtumstage:
    • Karfreitag (säkular: Frühlingstag) – Freitag vor Ostersonntag
    • Christi Himmelfahrt (säkular: Vatertag / Herrentag) – Do. 39 Tage nach Ostern
    • Weihnachten (säkular: Familienfest) – 25. Dezember
  4. Ein Kontingent von fünf individuellen Feiertagen, die u.a. zur Ausübung von Religion und Weltanschauung in eigenem Ermessen genutzt werden können.
  5. Streichung von Ostermontag und Pfingstmontag als staatliche Feiertage, da die Ausübung des religiösen Kultus bereits am Sonntag erfolgt; Kontingenttage können hierfür individuell genommen werden.
  6. Abschaffung des “Tanzverbotes” und vergleichbarer Einschränkungen der individuellen Lebensgestaltung an gesetzlichen Feiertagen.

Wir betrachten diese Vorschläge als eine Diskussionsgrundlage, die der Vielfalt von Weltanschauungen und Lebensweisen besser gerecht wird als der bestehende Zustand.

Zu der Frage, welche staatlichen Feiertage konkret hinzukommen und unter welchen Namen die Feiertage zukünftig geführt werden sollen, halten wir einen gesamtgesellschaftlich-politischen Diskurs für erforderlich, zu dem wir mit unseren Vorschlägen einen Beitrag leisten wollen.

Zu den neu vorgeschlagenen Feiertagen im Detail!

Europatag

Die Rede Robert Schumans zur Idee der Montanunion am 09.05.1950 markiert die Geburtsstunde der heutigen EU, deren Existenz wir 70 Jahre Frieden und Freiheit verdanken. Der 09.05. ist bereits offizieller Feiertag der Europäischen Union (Europäische Union, 2018).

Tag der Wissenschaft und Aufklärung

Die Bundesrepublik Deutschland als Land der Dichter und Denker steht in ihrer heutigen freiheitlich-demokratischen Grundordnung viel mehr in der Tradition der Aufklärung als in der immer wieder betonten christlich-jüdischen Tradition, gegen welche die Kräfte der Aufklärung einen säkularen, demokratischen Staat erst durchzusetzen vermochten.

Das Datum 21.06. ist die astronomische Mittsommer-Sonnenwende, was an das heliozentrische Weltbild erinnert. Dieses konnte sich als wissenschaftliche Erkenntnis nach den Forschungen und Entdeckungen von Galileo Galilei, Nikolaus Kopernikus und Johannes Kepler (Wikipedia, o.J. 2) nur gegen den erbitterten Widerstand der Kirche durchsetzen; dieser Tag steht damit beispielhaft für das Erstarken von Wissenschaft und Vernunft als Fundament unserer heutigen liberal-pluralistischen Gesellschaftsordnung. Öffnen wir an diesem Tag im ganzen Land die Labore und Planetarien, um Menschen von Wissenschaft und Fortschritt zu begeistern!

Tag der Deutschen Geschichte

Wohl kein Tag eignet sich besser als Mahn- und Gedenktag für die wechselvolle und widersprüchliche deutsche Geschichte mit ihren Revolutionen, Pogromen und Regimen als der sogenannte Schicksalstag 09. November, auch im Sinne der Bewahrung und Vermittlung eines kollektiven geschichtlichen Verständnisses (Wikipedia, o.J. 3).

Da auf diesen Tag auch der Fall der Mauer zwischen den beiden deutschen Staaten und verschiedene Ereignisse aus dem dunklen Kapitel des Nationalsozialismus fallen, welches im Zweiten Weltkrieg und damit in Vertreibung aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und der deutschen Teilung mündete, soll das Gedenken an die Maueropfer, an die Opfer der beiden Weltkriege und an die Opfer von Flucht und Vertreibung ebenfalls an diesem Tag begangen werden. Der geschichtlich belastete Volkstrauertag (zweiter Sonntag vor dem ersten Advent), der noch aus der Weimarer Republik stammt und nicht nur im Nationalsozialismus zur Heroisierung von Kriegshelden diente (Wikipedia, o.J. 4), kann entsprechend entfallen.

Individuelle Feiertage / Kontingenttage

Diese Kontingenttage sind frei zur individuellen Nutzung ohne jede Einschränkung bestimmt. Die Kontingenttage können also ebenso genutzt werden für die Teilnahme an lokalen Brauchtumsfesten wie dem Schützenfest oder dem Karnevalsumzug, für Familienfeste oder Trauerfeiern sowie Kultur-, Sport- oder Parteiveranstaltungen, Kirchentagen, Jugendolympiaden oder Parteitagen.

Gesellschaftliche Gruppen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften können in einem noch zu definierenden Verfahren bestimmte Tage in einen gesetzlichen Katalog der Kultus- und Brauchtumstage aufnehmen lassen. Sofern die Kontingenttage an einem dieser anerkannten Kultus- und Brauchtumstage genommen werden, besteht ein gesetzlich geschützter Freistellungsanspruch gegenüber Arbeitgeber / Bildungsträger etc. Bei Inanspruchnahme der Kontingenttage besteht keine Verpflichtung, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen zu offenbaren; ebenso besteht der Anspruch unabhängig von der Mitgliedschaft in einer Religions- oder Weltanschauungs- oder Brauchtumsgemeinschaft.

Durch den Freistellungsanspruch besteht somit ein erkennbarer Unterschied zu normalen Urlaubstagen. Damit wird in besonderer Weise der verfassungsgemäßen Religionsfreiheit nach GG Art. 4 in einer zunehmend multireligiös geprägten Gesellschaft Rechnung getragen.

Katalog der Kultus- und Brauchtumstage

(vorläufig, ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

  • Allerheiligen (kath.)
  • Allerseelen (prot.)
  • Aschermittwoch (kath.)
  • Buß- und Bettag (prot.)
  • Chanukka (jüd.)
  • Chunjie (chin.)
  • Divali (hind.)
  • Dreikönigsfest (kath.)
  • Fastnacht (prot.)
  • Friedensfest (prot. / kath.)
  • Fronleichnam (kath.)
  • Humanistentag (säk.)
  • Jom-Kippur (jüd.)
  • Mariä Himmelfahrt (kath.)
  • Opferfest (musl.)
  • Reformationstag (prot.)
  • Roch Hashana (jüd.)
  • Rosenmontag (kath.)
  • Vesakh (buddh.)
  • Weihnachten (orth.)
  • Zuckerfest (musl.)

4. Quellen

  • BR Bayerischer Rundfunk (2017). Debatte um religiöse Feiertage hält an, Online-Präsenz, 27.10.2017, abgerufen am 04.04.2018.
  • DBU – Deutsche Buddhistische Union (o.J.). Feste des Buddhismus. Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.
  • Europäische Union (2018). Die Symbole der EU: Europatag 2018. In: EUROPA – Grundlegende Informationen über die EU, Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.
  • Großbölting, Thomas; Goldbeck, Markus (2016). Das religiöse Feld schrumpft. In: Bundeszentrale für politische Bildung, Online-Präsenz, 28.01.2016, abgerufen am 04.04.2018.
  • IHEU (o.J.). World Humanist Day. In: International Humanist and Ethical Union, Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.
  • Jakob, Anna-Elisa: Neujahr (2017). Warum ist der 1. Januar eigentlich ein Feiertag? In: Merkur.de, Online-Präsenz, zuletzt aktualisiert 25.10.2017, abgerufen am 04.04.2018.
  • Schütz, Peter (2018). Feiertagskalender – Jüdische Feiertage. In: Feiertagskalender.ch, Online-Präsenz, Stand 2018, abgerufen am 04.04.2018.
  • Stadtportal hamburg.de (o.J.). Religiöse Feiertage – Hinduismus, in: Offizielle Internetpräsenz für die Freie und Hansestadt Hamburg, abgerufen am 04.04.2018.
  • Statista (2018). Glauben Sie an einen Gott? Umfrageergebnisse, Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.
  • Wikipedia (o.J. 1). Gesetzliche Feiertage in Deutschland. In: Wikipedia, Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.
  • Wikipedia (o.J. 2). Johannes Kepler. In: Wikipedia, Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.
    Dazu zusammengefasst: Gilt als Begründer der modernen Naturwissenschaften Begründer des heliozentrischen Weltbildes (Nachweis der Thesen Galileis) Anhänger einer ganzheitlichen Philosophie Evangelischer Theologe, der sich in Glaubensfragen und den Streitigkeiten der Reformationszeit mehrmals in versöhnlicher Weise äußerte. * 27. Dezember 1571 in Weil der Stadt; 15. November 1630 in Regensburg
  • Wikipedia (o.J. 3). 9. November (Deutschland). In: Wikipedia, Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.
    Dazu zusammengefasst:
    1848Endpunkt Märzrevolution / Nationalversammlung – Erschießung Robert Blums
    1918Novemberrevolution – Ausrufung der „Deutschen Republik“ durch Scheidemann, Grundlage der Gründung der „Weimarer Republik“
    1923Hitler-Ludendorff-Putsch – erstes international wahrgenommene Auftreten des Nationalsozialismus
    1925Gründung der SS
    1938Novemberpogrome („Reichskristallnacht“)
    1948Rede Ernst Reuters „Völker der Welt, schaut auf diese Stadt“
    1968„Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“
    1967Beginn der 1968er Studentenrevolte
    1989Mauerfall – Grenzöffnung DDR-BRD
  • Wikipedia (o.J. 4). Volkstrauertag. In: Wikipedia, Online-Präsenz, abgerufen am 04.04.2018.

Siehe auch

Säkularisierung




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