Die globale Artenvielfalt (Biodiversität) steht durch menschliche Aktivitäten stark unter Druck. Dabei war der Verlust von Arten und Biotopen durch Umwandlung von Flächen in landwirtschaftliche Nutzflächen oder durch Versiegelung zum Wohnen oder für Infrastruktur oft ein Nebeneffekt des zivilisatorischen Fortschritts. Heute wissen wir: Bereits vor der Industrialisierung gab es einen signifikanten Einfluss des Menschen, der zum Aussterben vieler Arten führte [1]. Bei Säugetieren ist ein Verlust von 85 % der Biomasse wilder Arten seit dem Auftauchen des modernen Menschen nachweisbar [2]. Der Klimawandel wird diese Entwicklung sehr wahrscheinlich beschleunigen. Der Erhalt der Biodiversität ist aber unabdingbar für die Aufrechterhaltung unserer Ökosysteme, von denen nicht zuletzt auch unsere eigene Ernährung abhängt. Für uns als Humanisten folgt daraus die Verantwortung, diese Entwicklung aufzuhalten und wenn möglich rückgängig zu machen.
Aus diesen Gründen ist es ein Durchbruch, dass sich die Vereinten Nationen bei der Artenschutzkonferenz COP15 in Kanada erstmals auf ambitionierte Ziele zum Schutz der Biodiversität geeinigt haben. Zu diesen ambitionierten Zielen gehört unter anderem, 30% der Landfläche und der Ozeane zu Schutzgebieten zu erklären [3]. Zur Bewertung des Abschlussdokuments gibt es unterschiedliche, aber meist positive Einschätzungen. Wir hoffen, dass von dieser Einigung eine ähnliche Dynamik ausgeht wie von der Pariser Klimakonferenz.
Aber gerade dieser Vergleich zeigt auch auf, worauf in den kommenden Jahren zu achten ist: die Beschlüsse müssen auch umgesetzt werden. Viele Staaten, inklusive Deutschland, haben bis heute keine ausreichend ambitionierten, wissenschaftlich haltbaren Pläne zur Erreichung der international verbindlich beschlossenen Klimaziele vorgelegt bzw. verfehlen diese Ziele regelmäßig [4]. Dies darf sich beim Artenschutz nicht wiederholen. Ein Risiko besteht darin, dass in Zukunft Ziele des Klima- und des Artenschutzes gegeneinander ausgespielt werden könnten. Spiegel-Wissenschafts-Redakteurin Susanne Götze weist zu Recht darauf hin, dass Klimaschutz und Artenschutz zusammen gedacht werden müssen [5]. Insofern sollte darauf hingearbeitet werden, Maßnahmen höchste Priorität einzuräumen, die zur Erreichung beider Ziele hilfreich sind. Die gute Nachricht ist: Die beschlossene Ausweisung von Schutzgebieten hilft sowohl dem Arten- als auch dem Klimaschutz. Das macht uns optimistisch, dass die Beschlüsse für den Artenschutz umgesetzt und bei der Erreichung der Klimaziele helfen werden.
[3] Spiegel Online, 2022. Staaten einigen sich auf weltweites Abkommen zum Naturschutz
[4] Tagesschau, 2022. Verfehlte Klimaziele: Deutschland zahlt Millionen für Emissionsrechte
[5] Susanne Götze, Spiegel (2022) Kein Klimaschutz ohne Artenschutz – und umgekehrt