Vielen ist bewusst, dass unser globaler Ressourcenverbrauch enorm und zerstörerisch ist. Wie lässt sich ein Gespür dafür entwickeln, wie schlimm die Situation ist? Der „Earth Overshoot Day“ oder auch „Welterschöpfungstag“ soll hierbei helfen. Das ist der Tag im Jahr, an dem die Menschheit rechnerisch alle Ressourcen verbraucht hat, die unsere Erde innerhalb von einem Jahr regenerieren kann. Der Earth Overshoot Day sollte idealerweise frühstens auf den 31. Dezember, also den letzten Tag des Jahres, fallen, denn dann würden wir genauso viele Ressourcen verbraucht haben, wie die Erde regenerieren kann.
Die aktuelle Situation sieht leider deutlich anders aus. Im Jahr 2021 fiel der Earth Overshoot Day mitten ins Jahr auf den 29. Juli. Was bedeutet dies nun für uns, was bedeutet das für die Menschheit? Es bedeutet, dass wir derzeit jährlich die Ressourcen von 1,74 Erden verbrauchen! So wie ein Teil der Menschen wirtschaftet, überlasten wir unsere Erde massiv. Würde die Menschheit mit einem Bankkonto so wirtschaften, wie mit der Erde, wären wir also Mitte des Jahres pleite und würden den Rest des Jahres auf Kredit leben.
Im Jahr 1961 lag der Welterschöpfungstag am 15. Mai des Folgejahres 1962; zu dieser Zeit verbrauchten wir 0,73 Erden und hätten somit eine positive Bilanz auf unserem „Konto“ — und dies trotz bereits massiver Eingriffe in die Natur, wie der Beinahe-Ausrottung von Walen. Im Jahr 1970 lag der Earth Overshoot Day das erste Mal im selben Jahr nämlich am 29. Dezember 1970. Seit diesem Jahr leben wir auf Pump.
Den Earth Overshoot Day kann man auch für jedes einzelne Land berechnen. Damit kann man bestimmen, wann die Ressourcen der Erde erschöpft wären, wenn alle so leben würden wie die Menschen in diesem Land. Die Unterschiede sind hier mitunter eklatant. Deutschland zum Beispiel hatte seinen Welterschöpfungstag in den letzten fünf Jahren immer Ende April, Anfang Mai. Deutschland liegt damit bei ungefähr drei notwendigen Erden und somit deutlich über dem Weltdurchschnitt von 1,74 Erden. Die Folgen dieses Raubbaus an der Natur sind uns allen bereits bekannt: Umweltverschmutzung, Klimawandel, Artensterben und vieles mehr. Wenn wir für die Menschheit ein Leben in Frieden und Wohlstand anstreben, müssen wir daher unseren Ressourcenverbrauch reduzieren. Es ist höchste Zeit, dass wir uns auf den Weg der Klimagerechtigkeit begeben.
Eine der prominentesten Möglichkeiten den Earth Overshoot Day weiter nach hinten zu verschieben, ist die Einsparung von Treibhausgas-Emissionen. Der Welterschöpfungstag ließe sich um drei Monate verschieben, wenn wir die Treibhausgas-Emissionen um 50 % senken würden. Privatpersonen können am einfachsten etwas Positives dazu beitragen, indem sie ihren Fleischkonsum reduzieren. Eine Reduktion des globalen Fleischkonsums um 50 % hätte eine Verschiebung des EOD von 17 Tagen zur Folge. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn jeder Tag, den wir nicht unserer Zukunft und der nachfolgender Generationen stehlen, ist ein gewonnener Tag. Allerdings müssen wir dringend schneller vorankommen, wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels reduzieren wollen!
Eine Anmerkung zum Schluss: Das Konzept des Earth Overshoot Day beruht auf dem Konzept des „ökologischen Fußabdrucks“. Die bestmögliche Berechnungsgrundlage ist Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Einerseits ist eine einfach verständliche, intuitive Kenngröße natürlich wichtig für den politischen Diskurs. Andererseits müssen die Methoden zur Quantifizierung des Ressourcenverbrauchs weiter verfeinert werden, um eine wissenschaftlich möglichst solide Grundlage für politische Entscheidungen zu ermöglichen.