Geo-Engineering: Ein Weg, die Gletscher zu retten?

Weltweit verlieren Gletscher jedes Jahr dramatisch an Eis – ein Trend, der katastrophale Feedback-Loops zur Folge hat. Immer wieder ist Geoengineering als Lösung im Gespräch. Obwohl Forschung in allen Richtungen sinnvoll ist, gelten die möglichen Folgen großskaliger Eingriffe als zu unvorhersehbar. Kleine, lokale Projekte können aber schon heute sinnvoll sein.

Den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, bleibt eine der größten  globalen Herausforderungen unserer Zeit, auch wenn die Covid19-Pandemie  diesen weitgehend aus den Medien verdrängt hat. Mit unangenehmer Regelmäßigkeit werden Hitzerekorde gemessen und Wetterextreme nehmen zu. Ein Phänomen, an dem sich der Klimawandel besonders deutlich ablesen lässt, ist das weltweite Abschmelzen der Gletscher. Weltweit schmelzen jährlich etwa 390 Milliarden Tonnen Gletschereis und liefern damit einen signifikanten Beitrag zum Anstieg der Meeresspiegel. [1] Es war nie dringender, zu handeln! Aber der Ausbau CO2-neutraler Energieerzeugung geht nach wie vor viel zu langsam voran – weltweit wird noch ein großer Anteil der Energie durch Kohleverstromung gewonnen. Stimmen aus der Wissenschaft präsentieren immer häufiger alternative Ansätze für eine vorübergehende Eindämmung regionaler Auswirkungen des Klimawandels. Hier spricht man von „Geoengineering“, was Eingriffe bezeichnet, die klimatischen Kreisläufe der Erde in bis zu planetarer Größenordnung, die dem Klimawandel entgegenwirken sollen. Dabei unterscheidet man vor allem zwischen der Beeinflussung des Strahlungshaushalts und der Reduktion des CO2 Gehalts der Atmosphäre. Letzteres wird beispielsweise schon in Island genutzt – allerdings in kleinem Maßstab. So nutzt beispielsweise ein Geothermales Kraftwerk die Methode „CarbFix“, um anfallendes CO2 in porösem Basalt zu verpressen, wo es dauerhaft sicher verbleiben soll. [2] Auch an den Polen schmilzt das Eis. Im Juli 2020 erreichte die Abnahme der arktischen Eisschicht einen neuerlichen Rekord. Sie befindet sich in einem desaströsen Feedback-Loop, weil weniger Eis zu weniger reflektiertem Sonnenlicht führt, und so wiederum zu einer stärkeren Schmelze im Sommer. [3] Findige Forscher entwickeln darum immer neue Ideen, wie man dem Schwund des Eises entgegenwirken kann. Zum Beispiel, das Eis mit Glasstaub zu bedecken, der eine höhere Reflektivität aufweist und so sogar zu einem Zuwachs an Eis führen kann. Auch gibt es Ideen, Gletscherbetten durch Pumpen trocken zu legen, um das Abschmelzen zu verlangsamen, oder die Eisschicht mit Ozeanwasser zu bedecken, um die Eisschicht im Winter künstlich zu verstärken. [3, 4] All diese Ideen bringen Probleme mit sich. Zum einen sind diese nicht ausreichend skalierbar.Zum anderen sind bei Eingriffen dieser Größenordnung Nebeneffekte nicht ausreichend sicher abschätzbar – das Risiko, fragilen Ökosystemen irreparablen Schaden zuzufügen ist also in der Regel nicht als vertretbar einzustufen. Grundsätzlich muss also weiterhin eine Priorität darauf liegen, alle Teile von Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere die Energieerzeugung, CO2-neutral zu machen. Dennoch ist Forschung auch im Bereich des Geoengineering sinnvoll. Insbesondere kleinere Projekte, die eigentlich nicht unter diesem Begriff subsumiert werden, können zur Abmilderung lokaler Folgen des Klimawandels wichtige Beiträge leisten. Ein aktuelles Beispiel zeigt sich in der Schweiz. Dort versucht ein Schweizer Glaziologe den Morteratgletscher durch künstliche Beschneiung mit Schneeseilen , die Schmelzwasser eines höher gelegenen Gletschers in etwa 30.000 Tonnen Schnee pro Tag verwandeln sollen, zu retten. [5] In Simulationen haben niederländische Forscher heruasgefunden, dass zur Gletscherrettung schon vergleichsweise dünne Schneedecken ausreichen könnten. [6] 

Unser primäres Ziel muss sein, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Trotzdem sollten auch andere Möglichkeiten erforscht werden, die uns wertvolle Zeit „erkaufen“ können. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Klimawandel in manchen Teilen der Welt essentielle Menschenrechte wie zum Beispiel die Versorgung mit sauberem Trinkwasser bedroht, ist es unabdingbar, Technologien zur Lösung dieser lokalen Probleme zu entwickeln. Investitionen in solche Projekte sind Investitionen in die Zukunft unseres Planeten.


Unsere Quellen:

[1] https://www.nature.com/articles/s41586-019-1071-0

[2] https://www.nbcnews.com/news/world/how-save-glacier-iceland-s-scientists-offer-hope-carbon-capture-n1052281

[3] https://www.bbc.com/future/article/20200923-could-geoengineering-save-the-arctic-sea-ice

[4] https://www.sierraclub.org/sierra/could-geoengineering-help-save-world-s-ice

[5] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/gletscher-beschneiung-schweiz-101.html

[6] https://www.nzz.ch/wissenschaft/wie-ein-schweizer-forscher-versucht-den-morteratschgletscher-zu-retten-ld.1589935