Halbiert die Klassen! Vermeidet Schulschließungen! (Wechselmodell statt Auslaufmodell)

Seit dem 28.10.2020 gelten weitgehende Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens. Kitas und Schulen sind – leider ohne umsetzbare oder wirksame Hygienekonzepte – weiterhin geöffnet, während kulturelle und gastronomische Einrichtungen trotz bestehender Hygienekonzepte schließen müssen.

Wenn wir vermeiden wollen, dass Schulen bald ebenfalls wieder geschlossen werden müssen, sollten die Klassen halbiert und im Wechsel in festen Kleingruppen unterrichtet werden.

AKTUELLER SCHULALLTAG AM BEISPIEL BERLINS

In der Woche, in der die neuen Einschränkungen beschlossen wurden, startete in Berlin der Schulbetrieb mit großen Unsicherheiten für Lehrkräfte, Schüler und Eltern. Ein Stufenplan soll Schulen in in verschiedene Risikostufen eingruppieren und jeden Donnerstag für die nächste Woche aktualisiert werden. Dieser fand aber bisher keine nachvollziehbare Anwendung: Die Kriterien sind nicht an die lokale Situation außerhalb der Schulen angepasst und Infektionszahlen werden offensichtlich nicht berücksichtigt. Die Einstufung bleibt intransparent.

GELBE SCHULEN IN ROTEN BEZIRKEN

So war die Gefahreneinschätzung fast aller Schulen auf Gelb, der zweiten von vier Gefährdungsstufen, während die Bezirke selbst, laut der Berliner Corona-Ampel, flächendeckend tiefrot leuchteten.

Die Folge: Die Schulen müssen weitermachen, als ob nichts wäre. Denn ohne die entsprechende Warnstufe fehlt ihnen die rechtliche Grundlage für eigene, angepasste Maßnahmen. Zwar werden „verstärkte Hygienemaßnahmen“ umgesetzt – Maske tragen und regelmäßiges Lüften, wie schon zuvor –, allerdings können die Abstände realistisch betrachtet zu kaum einem Zeitpunkt eingehalten werden. Ein Klassenraum mit voller Besetzung bietet dafür schlicht nicht genug Platz.

ZYNISMUS STATT FÜRSORGE

Der tatsächlich vorgebrachte Vorschlag, bei weiterhin vollen Klassen im Winter ausreichend zu lüften, warme Kleidung anzuziehen und gegebenenfalls Decken mitzubringen, ist würdelos, zynisch und einer Lernatmosphäre alles andere als zuträglich. Die Initiative der Bildungssenatorin Scheeres, 3.500 CO₂-Messgeräte für alle Berliner Schulen (etwa drei pro Schule) bereitzustellen, ist leider als peinlicher Aktionismus zu bewerten. Dem Fürsorgeanspruch kommt der Arbeitgeber hiermit keinesfalls nach. Mehr noch, Schulen werden aktiv daran gehindert, mit individuell angepassten Hygienekonzepten ihrerseits dem Fürsorgeanspruch gegenüber den Schülern und Lehrern nachzukommen. Die Vorbildfunktion für Heranwachsende ist verfehlt.

KONZEPTE SIND VORHANDEN

Zahlreiche Schulen haben in den vergangenen Monaten aus eigener Kraft heraus mit viel personellem Engagement an ihren Kommunikationsstrukturen gearbeitet und verschiedene Wege zur Erstellung und Bereitstellung von (digitalen) Arbeitsmaterialien etabliert. Somit sind Präsenz- und Fernunterricht vielerorts möglich und werden seit Schuljahresbeginn praktiziert, indem einige Jugendliche dauerhaft oder temporär im Homeschooling sind.

DEN TREND AUFHALTEN

Gesellschaft und Lehrkräfte wollen, dass die Schulen geöffnet bleiben. Es muss jedoch präventiv dafür gesorgt werden, dass dies so lange wie möglich gewährleistet werden kann. Am 11.11.2020 waren mehr als 300.000 Schüler und ca. 30.000 Lehrkräfte in Quarantäne und es drohen immer mehr komplette Schulschließungen, wenn sich dieser Trend fortsetzt.

WAS ZU TUN IST

Eine unveränderte Weiterführung des Schulbetriebs ist in der aktuellen Situation nicht zumutbar und unverantwortlich, da der Gesundheitsschutz für alle Beteiligten nicht gewährleistet werden kann. Wir fordern deshalb,

dass seitens des Dienstherren wirklich sinnvolle Maßnahmen ergriffen werden, die dem Gesundheitsschutz und der Fürsorgepflicht dem Personal und den Schüler gegenüber entsprechen,
dass die Risikobewertung von Schulen transparent, nach einheitlichen Kriterien und v.a. auf Grundlage der lokalen Infektionszahlen umgesetzt wird,
dass einzelne Schulen auch ohne Strafandrohung eigene Konzepte entwerfen und umsetzen können. Dies wären beispielsweise kleinere Lerngruppen durch Wechselmodelle (wöchentlich oder täglich in Schichten) oder eine Maskenpflicht im gesamten Gebäude, eben auch während des Unterrichts, die rechtswirksam durchgesetzt werden kann. Eine halbierte Schülerzahl sowohl in Räumen als auch im Schulgebäude vermindert das Infektionsrisiko immens und erleichtert die Einhaltung von Abständen. Solch eine Regelung würde zudem den RKI-Empfehlungen folgen. Darüber hinaus würde auch der Schulweg per ÖPNV sicherer werden,
dass die berechtigten Sorgen von Eltern, Schüler und Lehrkräften (v.a. derer, die zur Risikogruppe gehören) ernst genommen werden, bevor Motivation, Rückhalt und Verständnis schwinden.

Wir weisen darauf hin, dass Berlin hier lediglich exemplarisch steht; wie der Fall in Solingen zeigt, ist das Problem keineswegs auf die Hauptstadt begrenzt.