Schon geraume Zeit können aufmerksame Beobachter in der Morgen- oder Abenddämmerung ein faszinierendes Phänomen beobachten: wie auf einer Schnur aufgereihte Lichtpunkte, die sich über den Himmel bewegen. Diese Satelliten gehören zum Starlink-Projekt und sollen bis Ende 2021 weltweiten Internetzugang sicherstellen. Auf der einen Seite ist das spannend und visionär. Doch es wirft auch generelle Fragen zu unserem Umgang mit den nutzbaren Erdorbits auf.
Es wird eng im low earth orbit
Allein in der ersten Phase des Projekts sollen etwa 4.400 Starlink-Satelliten in den „low earth orbit“ (erdnahe Umlaufbahn) befördert werden. Und damit nicht genug: SpaceX hat bereits Genehmigungen für den Start von über 7.000 weiteren Satelliten. Zum Vergleich: aktuell befinden sich etwa 2.600 Satelliten in Umlaufbahnen um die Erde – alleine in Phase 1 wird SpaceX diese Zahl knapp verdreifachen. Dass das Probleme mit sich bringen kann, ist offensichtlich.
Zwar heißt es in Star Trek: „Der Weltraum, unendliche Weiten“, doch für die näheren Erdorbits gilt dies sicher nicht. Schon heute ist Weltraumschrott ein großes Problem. Über 750.000 Teile ab einem Zentimeter Größe kreisen aktuell um die Erde. Und aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeiten können selbst kleinste Teile gewaltige Schäden an Satelliten anrichten. Das notwendige „Aufräumen“ ist in dieser Höhe problematisch.
Ein weiteres Problem ist die Lichtverschmutzung, die mit den Satelliten einhergeht. Etwa drei Stunden vor Sonnenauf- bzw. nach -untergang sind die Satelliten durch reflektiertes Sonnenlicht als helle Punkte sichtbar. Ein schönes Schauspiel für manche, eine Katastrophe für Astronomen – an dem auch schon gearbeitet wird.
Wem gehört der Weltraum?
Es geht aber nicht nur um technische, sondern auch politische Fragen. SpaceX ist ein US-amerikanisches, privates Unternehmen, die Starts der Starlink-Satelliten werden weitestgehend durch US-Behörden freigegeben. Diese und andere Satelliten kreisen aber über den Köpfen aller Menschen, die bei dieser Entscheidung kaum bis gar nicht mitreden konnten – auch nicht durch ihre politischen Vertreter. Würden weitere Staaten oder Unternehmen Projekte ähnlicher Größenordnung verfolgen, könnte die Situation schnell unüberschaubar werden. Und Staaten, die gerade erst oder noch nicht über die Kapazitäten für eigene Raumfahrtprogramme verfügen, hätten am Ende das Nachsehen.
Zwar gibt es mit dem „Outer Space Treaty“ [auch: Weltraumvertrag] von 1967 einen internationalen Vertrag, der die Nutzung auch der erdnahen Orbits durch grundsätzliche Prinzipien regelt. Aber teils schwammige Formulierungen und fehlende Druckmittel führen zu eher mäßigem Erfolg. In den Artikeln 6 und 9 heißt es beispielsweise:
6. „Die Vertragsstaaten sind völkerrechtlich verantwortlich für nationale Tätigkeiten im Weltraum […] gleichviel ob staatliche Stellen oder nichtstaatliche Rechtsträger dort tätig werden […]. Tätigkeiten nichtstaatlicher Rechtsträger im Weltraum […] bedürfen der Genehmigung und ständigen Aufsicht durch den zuständigen Vertragsstaat.“
9. „Bei der […] Nutzung des Weltraums […] lassen sich die Vertragsstaaten von dem Grundsatz der Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe leiten und üben ihre gesamte Tätigkeit […] mit gebührender Rücksichtnahme auf die entsprechenden Interessen aller anderen Vertragsstaaten aus.“
Die Genehmigung zum Start wurde von der Federal Communications Commission (FCC) erteilt. Ob und inwieweit die genannten Punkte dabei ausführlich berücksichtigt wurden, ist fraglich. Ein Team italienischer Astronomen hat daher in einem Paper evaluiert, dass die US-amerikanische Regierung dafür verklagt werden könnte. Allerdings merken Experten wie Michael Listner dazu an, dass ein solches Vorgehen wohl kaum erfolgreich verlaufen würde.
Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass mit Bezug auf Mega-Konstellationen stärkere internationale Zusammenarbeit und das unbedingte Einhalten der im Outer Space Treaty festgehaltenen Regelungen erreicht wird. Europa kann und muss hier auch international Entsprechendes forcieren und in Hinblick auf die europäischen Weltraumaktivitäten mit gutem Vorbild vorangehen.