Es ist ein Verbrechen, das niemandem zugute kommt – noch nicht einmal den Tätern selbst. Es hat keinerlei Sinn oder Nutzen, ist völlig irrational, begründet allein in steinzeitlichen, häufig religiösen Traditionen. Und trotzdem sind weltweit mehr als 200 Millionen Mädchen unter 15 Jahren genital verstümmelt – was neben den körperlichen auch schwere psychische Schäden mit sich bringen kann. Auch in Deutschland leben viele, die dieses Unrecht erleiden mussten. Doch Strafverfolgung alleine reicht nicht. Es braucht auch Aufklärung, Prävention und die konsequente Priorisierung der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung – von allen Kindern – gegenüber Erziehungsrecht und Religionsfreiheit der Eltern.
Allein in Deutschland leben ca. 68.000 Opfer dieser Menschenrechtsverletzung und etwa 15.000 Mädchen sind momentan davon bedroht. Die Zahlen sind gegenüber 2016 um erschreckende 44 Prozent gestiegen. Dies erklärt sich durch die verstärkte Zuwanderung aus Ländern wie Eritrea, Somalia, Ägypten und Indonesien, wo dieses Gemetzel traditionell praktiziert wird. Aber da genitalverstümmelnde Eingriffe in Deutschland bei Mädchen verboten sind und es für die Betroffenen ein Tabuthema ist, gibt es hier vermutlich eine beträchtliche Dunkelziffer.
Es gibt unterschiedliche Formen der weiblichen Genitalverstümmelung (female genital mutilation, kurz FGM), die erhebliche Folgen für die Gesundheit haben können. Dies fängt mit möglichen akuten Komplikationen aufgrund unhygienischer Bedingungen, hohem Blutverlust und Schockzuständen an. Es kann in der Folge zu Infektionen und der Verletzung benachbarter Organe kommen. Schlechte Wundheilung, Narbenbildung, Harnwegsinfektionen sind weitere Probleme. Langfristige Folgen sind dann Einschränkungen des sexuellen Empfindens, Schmerzen und natürlich Komplikationen bei der Geburt eines Kindes.
Familienministerin Giffey (SPD) hat jüngst eine neue Untersuchung zu dem Thema vorgestellt und dazu aufgerufen, solche Straftaten anzuzeigen. Es geht darum, in den entsprechenden Gemeinschaften ein Unrechtsbewusstsein zu schaffen. Bei einer geplanten Verstümmelung im Ausland kann der Pass entzogen werden und Straftaten, die im Ausland begangen wurden, können nach deutschem Recht bestraft werden.
Jedoch greifen Gesetze erst dann, wenn die Tat bereits begangen wurde – für ein betroffenes Mädchen kommt die Hilfe zu spät. Daher wären Aufklärung und Prävention wichtig. Das Thema FGM müsste in Integrationskursen angesprochen werden, Ärzte, Lehrer und Hebammen sollten für das Thema sensibilisiert werden.
Und auch Politiker müssen endlich verinnerlichen, dass eine Körperverletzung aus nicht-medizinischen Gründen ein Straftatbestand ist. Sollten das Erziehungsrecht der Eltern oder die Religionsfreiheit dem Recht eines Kindes auf körperliche Unversehrtheit entgegenstehen, müsste letzteres immer höher zu werten sein. Das ist in Deutschland nicht der Fall. Die Verstümmelung von Knaben aus religiösen Gründen ist hier erlaubt. Wir fordern Gleichberechtigung auch in diesem Bereich. Menschenrechte müssen für alle Kinder gleichermaßen gelten.