Der Tag der Frauengesundheit ist Anlass, daran zu erinnern, dass durch den Informationsverhinderungs-Paragrafen 219a StGB nicht nur das Selbstbestimmungsrecht, sondern auch die Gesundheit der Frauen gefährdet wird.
Auch nach seiner Änderung vor etwa einem Jahr werden Frauen immer noch Informationen zu den Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs vorenthalten. Ärzte dürfen nicht angeben, welche Methoden es gibt, welche sie für sinnvoll halten und selbst anbieten, ob eine Narkose notwendig ist und ob Kosten entstehen.
Listen von Ärztekammern sind unbrauchbar
Für diese Informationen sind Ärztekammern und Beratungsstellen zuständig. Aber die dort geführten Listen von Ärzten, die bereit sind, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, sind nur sehr lückenhaft. Nur ein kleiner Bruchteil ist bereit, sich in solche Listen eintragen zu lassen, ihre Adressen zu veröffentlichen und sich damit quasi an den Pranger zu stellen. Selbst Kristina Hänel, die wegen des § 219a zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, steht auf keiner Liste, weil sie schon mit dem Tode bedroht wurde. Wer will sich schon zur Zielscheibe für Abtreibungsgegner machen, die Mahnwachen vor Arztpraxen abhalten?
§ 219a und Corona
Die aktuelle Politik legt Frauen, die ungewollt schwanger sind, ohnehin schon Steine in den Weg, doch durch die Corona-Maßnahmen verkompliziert sich ihre Lage noch mehr. Sie müssten mehrere Termine außer Haus wahrnehmen: die Zwangsberatung, einen gynäkologischen Untersuchungstermin, eine Ultraschalluntersuchung, den Abbruch und eine Nachuntersuchung. Hinzu kommen noch drei Tage „Bedenkzeit“. Durch die Einschränkungen der Praxen und das reduzierte Beratungsangebot werden die Wartezeiten verlängert, was wiederum den Abbruch schwieriger macht.
Schon vor der Pandemie lagen die Strecken zu einer Abtreibungspraxis für viele zwischen 50 und 200 Kilometern. Jetzt sind die Transportmöglichkeiten noch weiter eingeschränkt und ein Abbruch im Ausland ist auch nicht mehr möglich. Zudem kommt es auch vor, dass eine ungewollt Schwangere selbst unter Quarantäne steht. Ärzte und Fachverbände fürchten, dass Frauen wieder zu „unsicheren Abtreibungsmethoden“ greifen mit der Gefahr von gesundheitlichen Schäden.
Mögliche Lösungen
Organisationen wie Doctors for Choice e. V., der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. und pro familia e. V. fordern daher, dass die Videoberatung oder telefonische Beratung von Politik und Krankenkassen ermöglicht wird.
Sollte diese nicht mehr umzusetzen sein, müssen die Pflichtberatung und die Wartefrist ausgesetzt werden. Ebenso sollte die Kostenübernahme durch die Krankenkassen online ermöglicht werden.
Im Sinne der Pandemiebestimmungen sollten Schwangerschaftsabbrüche als notwendige medizinische Leistungen für medizinische Einrichtungen anerkannt werden.
Die Organisationen fordern außerdem die sofortige Steigerung des Angebotes für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch durch niedergelassene Ärzte und Kliniken.
Geschichte und Rechtliches
Dieser frauenverachtende Paragraf aus dem Jahr 1933 gehört eigentlich auf die Müllhalde der Geschichte. Aber sowohl die Kirchen als auch Union und AfD halten daran fest. Für sie steht der Schutz des ungeborenen Lebens über dem Selbstbestimmungsrecht der Frau.
Religiöse Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und Informationen über deren Durchführung haben in einem säkularen Staat nichts zu suchen. Er überschreitet damit seine Kompetenzen und verhält sich nicht mehr weltanschaulich neutral. Es widerspricht den Patientenrechten und der Informationsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft, dass der Staat das Recht der Frauen auf Information reglementiert und damit ihre Gesundheit gefährdet.